Thorakale Sympathektomie
W.-J. Stelter
Bei der Durchtrennung und Entfernung von Ganglien des Grenzstranges (Sympathikus) wird ein zweifacher Effekt in den Extremitätenarealen erreicht, die von den entsprechenden Nerven versorgt werden. Die kleinen Blutgefäße werden weitgestellt, insbesondere in der Haut. Die Hautdurchblutung wird gesteigert, und die Schweißsekretion wird vermindert. Die Extremität wird also warm und trocken. Daher ist eine Hauptindikation für diesen Eingriff in der Behandlung einer exzessiven Schweißabsonderung (Hyperhidrosis, "schwitzende Hände") oder in einer sehr peripheren Durchblutungsstörung, wie z. B. durch kleine Embolien oder bei Gefäßengstellung, z. B. beim sogenannten Raynaud-Syndrom gegeben. Der Grenzstrang verläuft seitlich vorne an den Wirbelkörpern, in der Nachbarschaft der sogenannten Rippenköpfchen. Das oberste große Ganglion auf dem ersten Rippenköpfchen und darüber allerdings versorgt den Kopf und darf nicht verletzt werden. Bei seinem Ausfall entsteht eine Komplikation, das sogenannte Horner Syndrom: Das Augenlid der gleichen Seite sinkt ab und verliert etwas Tonus und die Pupille wird enger.
Die häufigste Indikation ist die Behandlung der Hyperhidrosis der Hände, die auf andere Weise nach unserer Erfahrung nicht erfolgreich behandelbar ist. Früher wurde der Grenzstrang durch einen kleinen Zugang, durch eine sehr schwierige transaxilläre Thorakotomie im 2. Intercostalraum erreicht. Heute wird von uns der thorakoskopische Eingriff bevorzugt und bringt erheblich Vorteile. Nach unserer Erfahrung kommt es darauf an, dass man höchstens ein Ganglion entfernt, oder sogar weniger, was für eine entsprechende Wirkung völlig ausreichend ist. Im Gegensatz dazu wird bei der lumbalen Sympathektomie zur Behandlung von Durchblutungsstörungen der Füße ein möglichst großer Teil der Ganglien entfernt.
Wir empfehlen immer den beidseitigen Eingriff, da sonst bei Anstrengung oder Hitze eine gewisse Asymmetrie der Hautfarbe, auch des Halses und Gesichtes auftreten. Der Eingriff wird bei uns in der Regel in einer Sitzung für beide Seiten vorgenommen. In Vollnarkose und unter seitengetrennter Lungenbeatmung wird nach Abschaltung der Atmung einer Lungenseite dort mit einem dünnen 5 mm Endoskop eingegangen und über zwei weitere Hilfsstiche das Instrumentarium eingebracht. Nach Durchtrennung und Resektion eines leicht erkennbaren Ganglions sicher unterhalb der 1. Rippe in Höhe Th 2-4, je nach erwünschtem Effekt, wird ein kleiner Schlauch über die Optiköffnung zur Entlüftung der Thoraxhöhle eingeführt und am Ende der Operation entfernt.
Der Eingriff ist für den Patienten sehr wenig belastend. Er kann in der Regel schon nach 48 Stunden die Klinik verlassen.
Wegen der möglichen Komplikation des Horner Syndroms und auch einer möglichen Blutung aus den benachbarten Blutgefäßen ist die Operation technisch anspruchsvoll und muß mit großer Präzision ausgeführt werden. Das sog. Clipping, das leichter zu bewerkstelligen ist und auch über einen einzigen Arbeitskanal für ein sog. Operationsthorakoskop, allerdings dann mit der eingeschränkten 0-Grad-Grad-Optik, ausgeführt werden kann, habe ich seit langer Zeit verlassen zugunsten der sicheren Resektionstechnick über drei 5 mm-Arbeitskanäle.
Die Operation eignet sich auch zur Behandlung von übermäßigem Schwitzen im Gesicht oder zur Behandlung übermäßigen Errötens, aber sie ist hier problematischer, da das Horner Syndrom befürchtet werden muß, wenn man die oberen Ganglien beschädigt; dadurch ist der operative Spielraum eingeschränkt. Wenn es nur um ein übermäßiges Schwitzen in der Achselhöhle geht, sollte man vielleicht zuerst lokale Maßnahmen bevorzugen wie Botulismus-Injektionen oder die lokale subcutane Schweißdrüsenabsaugung, für die wir erfahrene Kollegen in der Nähe nennen können. Ebenso führen wir keine lumbale Sympathektomie zur Behandlung von Fußschwitzen durch. Bei der lumbalen Sympathektomie ist in einem gewissen Prozentsatz auch mit einer Störung der Sexualfunktion zu rechnen.
Das immer genannte und gefürchtete sog. kompensatorische Schwitzen an anderen Körperegionen hielt sich nach unserer Erfahrung in tolerabler Grenze, wenn die Sympathektomie möglichst sparsam ist. Ich pflege zu sagen: "Man kann u.U. nachresezieren, wenn dies unbedingt erforderlich ist, aber man kann nicht mehr daranpappen, was einmal abgeschnitten ist.-"
W.S